Grauzone

so nennen wir einen Bereich im ersten Stock. Hier wurde mit natürlichen Materialien eine moderne Ausstrahlung in die alte Fabrikhalle der 60er Jahre gebracht.

  • slide
  • slide

Polierter Estrich für die Ausstellungsfläche

Auszug aus der Zeitschrift Contacte der Fa. Heidelberger Cement

Neunburg in der Oberpfalz bietet Design vom Feinsten. In einer Fabrikhalle aus den 60er Jahren präsentiert das Einrichtungshaus WohnenLeben Fleischmann internationale Topkollektionen wie B & B Italia, Vitra und Moroso. Das elegante Mobiliar kommt auf dem anthrazitfarbenen Estrich, einem polierten Anhyment von Heidelberger Beton wirkungsvoll zur Geltung. Die Sala del Mobile ist eigentlich in Mailand angesiedelt. Dort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, in einem verschlafenen Städtchen ab vom Schuss, vermutet niemand eine gute Adresse für Möbeldesign. Doch Neunburg vorm Wald verblüfft mit ungeahnten Überraschungen. Nicht „Eiche rustikal“ ist hier angesagt, von Alto bis Noguchi, von Eames bis Prouvé´ wird hier auf 1200 Quadratmetern Fläche die gesamte Klaviatur moderner Wohnwelten vorgeführt.

grauzone1.jpg

Vielleicht ist es der lange Atem der Geschichte, der bis heute in der Oberpfalz avantgardistischen Tendenzen Raum bietet. Gründete nicht der Pfälzer Wittelsbacher Ruprecht I. schon 1386 die Universität Heidelberg, womit er eine der bedeutendsten deutschen Bildungseinrichtungen ins Leben rief, die von früh an als Zentrum undogmatischen Denkens galt, ein Hort des Humanismus und der Reformation? Ein paar Jahre später errichtete sein Nachfahre und Namensvetter, Ruprecht III. von der Pfalz, welcher zehn Jahre lang König von Deutschland war, in Neunburg das Spital. In dieser Stadt kam sein Sohn Pfalzgraf Johann zur Welt, dessen Sohn Christoph von der Pfalz, ebenfalls ein Neunburger, brachte es wiederum bis zum König von Schweden, Dänemark und Norwegen und machte Kopenhagen zur dänischen Hauptstadt. So schließt sich der Kreis, denn bekanntes Design, das in deutschen Wohnzimmern steht, kommt nicht selten aus den nordischen Ländern und wird hier in Neunburg dem Ort der Kindheit dieses nordischen Königs bei Wohnenleben Fleischmann gezeigt. Und es braucht tatkräftige Menschen, die unkonventionelle Wege gehen, um mit ihren Vorstellungen den Zeitgeist anzuregen. So ein Macher ist Michael Fleischmann. Er hat bereits in den Achtziger Jahren Fotovoltaik-Anlagen installiert, als hierzulande noch kaum einer wusste, wie das Wort geschrieben wird. Vor 25 Jahren hat er im Naturfarbenbereich mit Oberflächen experimentiert. Nun führt er, just auf dem Gelände des mittelalterlichen Spitals, sein modernes Einrichtungshaus mit Blick zur noch vorhandenen Kapelle. „Meine Kunden kommen aus einem Umkreis von 100 Kilometern. Manche reisen extra vom Starnberger See an.“ Sie sind auf der Suche nach dem definitiven Wohnerlebnis. Überzeugende Qualität für spezifische Locations, unterschiedliche Ansätze alltäglich in modernen Räumen zu leben, der gekonnte Mix unterschiedlicher Designer, erfordert meist professionelle Beratung. Gleichzeitig spiele aber „Entfernung bei der guten Logistik heute keine Rolle mehr“, so Einrichtungsspezialist Fleischmann. Ausgesuchte Stücke gehen bis nach Spanien.

Er hat für sein gut sortiertes Einrichtungshaus in Neunburg eine alte Textilfabrik umgenutzt, einen Bau mit klarer Kubatur von 1961, in dem bis zum Niedergang dieser Branche produziert wurde. Jüngstes Projekt im 1200 Quadratmeter großen Ausstellungsareal ist eine 230 Quadratmeter große Ausstellungsebene, in der ab Herbst 2010 die exklusive Kollektion von B & B Italia gezeigt wird. Die unkapriziöse Architektur bildet den perfekten Rahmen für die ausgefallenen Exponate. Locker angeordnet auf dem polierten Estrich unterscheiden sich das Arrangement der Tische, Stühle, Lampen kaum von einer modernen Galerie für zeitgenössisches Möbeldesign. Das 60er Jahre Flair und der authentische Fußboden in Anthrazitgrau bilden den perfekten Rahmen für aktuelle Möbel und die zeitlos modernen Klassiker. Schon seit einiger Zeit zieren puristische Bodenflächen die Seiten der Avantgarde-Magazine. Nun weckt auch Michael Fleischmann mit seiner Sanierung Begehrlichkeiten. Fugenlos und mit bewusst gezeigter Materialität bildet der polierte Boden die Basis seiner zeitgemäßen „Grauzone“. Beim Umbau empfahl Herbert Kneissl von Heidelberger Beton, Schwandorf, aufgrund der Statik im Altbau einen extrem leichten Bodenaufbau. Um die gewünschte elegante Fläche zu erhalten, musste zunächst einmal eine Ausgleichschicht gegossen werden. Der ausführende Estrichbetrieb glich den unebenen Boden mit einem zementgebundenen Porenleichtmörtel (siehe Poriment S. XY) aus. Die Ausgleichschicht beträgt zwischen einem Zentimeter am Rand und zehn Zentimeter in der Mitte des Raumes.

Da der Bauherr eine fugenlose Fläche wünschte, wurde nach Beratung seitens Heidelberger Beton als abschließender Bodenbelag ein eingefärbter Kalziumsulfatestrich, Anhyment C35 F6, mit vier Zentimetern Höhe schwimmend verlegt. Um eine sichtbare Körnung zu vermeiden, wurde für die Sieblinie nur gewaschener Sand 0,4 gewählt.

Die Arbeiter brachten den Estrich auf einer Folie über dem Ausgleichsmörtel ein, gemäß erhöhten Maßtoleranzen im Hochbau, das heißt mit Höhendifferenzen von nicht mehr als zwei Millimetern pro Meter. Der Ausgleichsmörtel Poriment und im zweiten Arbeitsgang der graue Estrich wurden direkt in den Raum gepumpt und jeweils mit der Schwabbelstange verdichtet“.

Die Nachbehandlung und das Versiegeln hat Bauherr Fleischmann, der über eigene Schleifmaschinen verfügt und sich mit Fußbodenversiegelungen auf Naturbasis auskennt, selbst ausgeführt. Seit dem Frühjahr wird der Showroom täglich von vielen Kunden betreten. Dem satten Grau tut das keinen Abbruch, ganz zur Freude des kreativen Einrichters.